Sonnenhof-Geschichte

100 aufregende Jahre

1921 – Gründung des Klinisch-Therapeutischen Instituts

Im Jahr 1921 gründet die Ärztin Ita Wegman das Klinisch-Therapeutische Institut (KTI) in Arlesheim, das später als Ita Wegman Klinik und heute als Klinik Arlesheim bekannt ist. Mit ihrer eigenen Klinik beabsichtigt sie, die gemeinsam mit Rudolf Steiner entwickelten Ansätze zu einer ganzheitlichen Medizin für Patientinnen und Patienten im Krankenhaus umzusetzen.

1922 – Erwerb des Suryhofs

Ita Wegman erwirbt als Aussenstation zur Klinik den Sonnenhof dazu, der damals noch «Suryhof» heisst. Das Anwesen besteht aus einem Wohnhaus und einem stallähnlichen Nebengebäude, auf dem sich in den nächsten zwei Jahren ein bunter Betrieb mit angegliederter Landwirtschaft entwickelt. Hier können sich Patientinnen und Patienten für 8 Franken pro Tag von ihren gesundheitlichen Strapazen erholen.

1923 – Aufnahme des ersten Kindes

Im Herbst 1923 wird der neunjährige Sandroe Stroughton aus den USA als erstes Kind im Klinisch-Therapeutischen Institut aufgenommen. Weil er als entwicklungsverzögert und schwer erziehbar gilt, wird er nicht in der Klinik, sondern im Suryhof betreut. Dass es dort Betreuungsplätze für Kinder mit Unterstützungsbedarf gibt, spricht sich schnell herum. Bis im Sommer 1924 sind es schon sechs Kinder.

1924 – Gründung des Sonnenhofs

Obwohl es mittlerweile eine eigene Kinderabteilung im Suryhof gibt, reicht der Platz nicht aus, um die hohe Nachfrage nach Betreuungsplätzen für Kinder abzufangen. Deshalb beschliessen Ita Wegman und die Mitarbeitenden, das Angebot für Erwachsene einzustellen und die Räumlichkeiten fortan nur noch für die Betreuung von Kindern zu nutzen. Sie wandeln den Suryhof offiziell in ein heilpädagogisches Kinderheim um und geben ihm den Namen «Sonnenhof – Heil- und Erziehungsanstalt für seelenpflegebedürftige Kinder».

1925 – Eröffnung der Spitalschule

Ita Wegman richtet für drei Kinder eine Spitalschule ein, da sie für längere Zeit im Sonnenhof bleiben. Da kein Platz für ein Schulzimmer vorhanden ist, findet der Unterricht zunächst in den Wohnräumen statt.

1926 – Umbau des Hauptgebäudes

Das Hauptgebäude wird für die Bedürfnisse eines Kinderheims umgebaut und eingerichtet. Bis Ende der 1980er-Jahre leben in den sechs Zimmern etwa 25 Klient:innen, darunter Erwachsene und Kinder in gemischten Gruppen. Heute befinden sich im Hauptgebäude der Empfang, Büros, die Grossküche und ein Bistro.

1927 – Erste Schulbaracke

Die Spitalschule kann in eine Baubaracke umziehen, die vom Goetheanum in den Sonnenhof transportiert und zum Klassenzimmer umgebaut wird. Damit kann der heilpädagogische Unterricht zukünftig in einem eigenen, vom Wohnbereich getrennten Raum stattfinden. Es sind zu diesem Zeitpunkt bereits 40 Schüler:innen, die das Angebot der Sonderschule nutzen.

1927 – Erster Kurs für Heilpädagogik

Der Sonnenhof startet den ersten Ausbildungskurs für Heilpädagogik. Dieser dauert zehn Monate und zieht viele Interessierte aus dem In- und Ausland an. Auch in den folgenden Jahrzehnten bleibt der Sonnenhof ein beliebter Ausbildungsort, da er als eine der wenigen Einrichtungen die Ansätze einer anthroposophisch orientierten Heilpädagogik verfolgt. Noch heute bildet der Sonnenhof jährlich rund 45 Personen in verschiedenen sozialen Berufen wie Sozialpädagogik, Fachperson Betreuung, Arbeitsagogik oder Sozialarbeit aus.

1929/30 – Umbau des Bistros

Im Hauptgebäude wird das Bistro errichtet, das bis heute unverändert als Pausenraum und Esszimmer dient. Während des Umbaus werden alte Fotos, Zeitungsartikel und andere Relikte in die Wände eingemauert, um die Geschichte des Sonnenhofs im Fall eines Abrisses zu bewahren.

1931 – Eigenständige Verwaltung des Sonnenhofs

Der Sonnenhof wird eine selbstständige Abteilung des neu gegründeten Vereins Klinisch-Therapeutisches Institut. Diese Unabhängigkeit sichert die langfristige Entwicklung und Kontinuität in der Betreuung der Kinder auf dem Sonnenhof. Der Verein besteht bis heute und ist noch immer Hauptaktionär des Sonnenhofs sowie der Klinik Arlesheim.

1936 – Umzug des Georgshauses

Um dem wachsenden Platzbedarf der Kinder gerecht zu werden, lässt Ita Wegman das Georgshaus im 18 Kilometer entfernten Bretzwil BL abreissen und innerhalb von drei Wochen auf dem Gelände des Sonnenhofs wieder aufbauen. Zuerst dient es ausschliesslich als Wohnhaus für betreute Kinder, später dann auch als Aufführungsort der beliebten Puppenspiele. Heute werden hier Kinder und Jugendliche im Teilinternat und im Internat betreut.

1935–1938 – Rückgang der Kinderzahlen

Als sich in Europa der Zweite Weltkrieg anbahnt, verzeichnet der Sonnenhof einen Rückgang der Kinderzahlen und Veränderungen in der Zusammensetzung des Personals. Man fürchtet den Einmarsch der deutschen Wehrmacht, denn unter den ausländischen Kindern und Mitarbeitenden des Sonnenhofs sind auch einige jüdischer Herkunft.

1940 – Evakuierung des Sonnenhofs

Wegen des Westfeldzuges der deutschen Wehrmacht werden Kinder und Mitarbeitende des Sonnenhofs evakuiert und nach Schwendi bei Grindelwald und La Motta bei Brissago gebracht. Ita Wegman gelingt es, für die ausländischen Kinder und Mitarbeitenden bei der Fremdenpolizei eine sichere Aufenthaltsbewilligung zu erwirken, sodass sie im Spätherbst in den Sonnenhof zurückkehren können.

1943 – Tod von Ita Wegman

Ita Wegman stirbt im März 1943 im Alter von 67 Jahren. Sie bleibt als talentierte und sozial engagierte Ärztin in Erinnerung, die ihr ganzes Leben der Heilmittelforschung widmete, um Menschen in Not zu helfen. Mit ihrem Engagement prägte sie nicht nur den Sonnenhof, sondern auch viele andere Institutionen, die sie mit viel Hingabe aufbaute oder untereinander vernetzte.

1955 – Neue und grössere Schulbaracke

Dank einer Spende kann die bisherige Schulbaracke durch eine grössere ersetzt werden. Sie bietet Platz für die rund 80 Kinder, die zu dieser Zeit heilpädagogisch unterrichtet werden.

1959 – Kauf von zwei Häusern in der Nachbarschaft

Der Sonnenhof kauft zwei Häuser am heutigen Standort des Tobiashauses. Damit können erstmals Wohngruppen für Kinder und Jugendliche ausserhalb des Geländes eingerichtet werden. Heute sind das Tobiashaus und das Parzival auf Kinder und Jugendliche mit hohem Betreuungsaufwand und umfassendem Pflegebedarf ausgerichtet.

1961 – Erste IV-Beiträge

Mit der Einführung der Invalidenversicherung in der Schweiz fliessen erstmals IV-Beiträge an den Sonnenhof. Dies bedeutet für die Eltern der damals 80 Klient:innen eine grosse finanzielle Entlastung, denn bis dahin mussten die Betreuungsplätze aus eigener Tasche bezahlt werden. Heute finanziert sich der Sonnenhof durch Beiträge der Kantone und Gemeinden sowie durch Beiträge der Klienten bzw. deren Eltern, ergänzt durch Spenden von Stiftungen und Privatpersonen.

1964 – Bau des Hauses Marjatta

Der Sonnenhof erweitert sein räumliches Angebot mit dem Bau des Hauses Marjatta, das direkt neben dem Hauptgebäude entsteht. Es beherbergt über viele Jahre fünf Gruppen mit insgesamt 50 Kindern. Ab 2023 findet im Marjatta keine Wohngruppenbetreuung mehr statt, sondern ausschliesslich Tagesbetreuung ausserhalb der Schule. Die Räumlichkeiten, in denen einst das Therapieschwimmbad war, werden heute für die Mittagsbetreuung von rund 70 Kindern genutzt.

1965 – Gründung des Elternvereins

Die Eltern der im Sonnenhof betreuten Kinder schliessen sich zusammen und gründen den Elternverein Sonnenhof. Ihr Ziel ist es, eine geeignete Wohnform für ihre mittlerweile erwachsenen Kinder ausserhalb des Sonnenhofs zu finden. Da der Sonnenhof aufgrund von begrenzten finanziellen Mitteln und mangelndem Platz nicht in der Lage ist, altersgerechte Wohngruppen anzubieten, leben Erwachsene und Kinder damals noch in gemischten Gruppen zusammen.

1971 – Neubau des Schulhauses

Auf dem Sonnenhof-Gelände entsteht ein Schulhaus, das in der Region das erste dieser Grössenordnung für eine Sonderschule ist. Es wird 1984 um eine Turnhalle erweitert. Im Jahr 2004, zum 80-jährigen Jubiläum des Sonnenhofs, wird ein weiteres Schulhaus an das bestehende Gebäude angebaut. Die Schule umfasst heute etwa 120 Kinder in 17 Klassen an den Standorten Arlesheim und Basel.

1976 – Erstes Wohnangebot für Erwachsene

Mithilfe des Elternvereins kann der Sonnenhof die Landhaus-Villa Birke erwerben und darin erstmalig ein Wohnangebot nur für Erwachsene realisieren. In den Folgejahren kommen weitere Häuser hinzu, und es gelingt nach und nach, die altersgemischten Gruppen aufzulösen und junge sowie ältere Menschen in separaten Häusern zu betreuen. Heute gibt es insgesamt neun Häuser für Erwachsene in Arlesheim und Basel, deren jeweiliges Konzept auf den Unterstützungsbedarf der Bewohnenden abgestimmt ist.

1986 – Bau des Werkstattgebäudes

Das Bundesamt für Sozialversicherungen BSV finanziert das erste Werkstattgebäude, die heutige Holzofenbäckerei und Weberei, am Bannhübel 6 in Arlesheim. Auf barrierefreies Bauen, wie es heute Pflicht ist, legen die damaligen Geldgeber keinen Wert.

1998 – Umbau Haus Verzar

Das Haus Verzar wird zum Wohnhaus für Erwachsene umgebaut. Heute geniessen darin sieben Senior:innen mit Unterstützungsbedarf ihren Ruhestand.

1998 – Erste Leistungsvereinbarung mit Kanton BL

1998 wird zwischen dem Sonnenhof und dem Kanton Basel-Landschaft die erste Leistungsvereinbarung abgeschlossen. Heute gibt es zusätzliche Leistungsvereinbarungen mit dem Kanton Basel-Stadt für alle Bereiche, einschliesslich Wohnen und Tagesgestaltung für Erwachsene und Kinder, Schule und Kitas.

1999 – Kauf des Tannenhauses

Der Sonnenhof kauft das Tannenhaus am Finkelerweg, das heute als Rafaelhaus bekannt ist. Es beherbergt heute Wohngruppen für Kinder und Jugendliche. Sie werden tagsüber, nach der Schule und teilweise auch nachts betreut und gefördert.

2001 – Bau Odilienhaus und Umbau Tobiashaus

Der Sonnenhof baut das Odilienhaus und saniert im gleichen Jahr das Tobiashaus. Weitere Häuser wie das Haus Ermitage, das Haus Bellevue oder das Haus Parzival kommen in den folgenden Jahren hinzu.

2009 – Gründung der Sonnenhof Arlesheim AG

Aus dem von Ita Wegman gegründeten gemeinnützigen Verein «Klinisch-therapeutisches Institut» erwachsen zwei eigenständige gemeinnützige Aktiengesellschaften: die Klinik Arlesheim AG und die Sonnenhof Arlesheim AG. Der Verein «Klinisch-therapeutisches Institut» bleibt Alleinaktionär beider Organisationen.

2010 – Neubau eines zweiten Werkstattgebäudes

Die auf die Wohnhäuser verteilten Werkstätten wurden zu eng. Mit dem Bau des neuen Werkstattgebäudes finden unter anderem die bisher im Keller des Tobiashauses beheimatete Brennholzwerkstatt und das Kreativatelier im Keller des heutigen Hauses Ermitage lichtdurchflutete und zeitgemässe Räumlichkeiten.

2014 – Eröffnung des Cafés Wunderbar

In einem umgebauten Zirkuswagen eröffnet das Café Wunderbar. Es bietet Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen eine sinnvolle Tätigkeit und dient als Lern- und Arbeitsplatz für sie. Die Wunderbar ist damit ein einzigartiger Ort der Begegnung für Menschen mit und ohne Unterstützungsbedarf.

2016 – Integration der Angebote der JUFA

Der Sonnenhof übernimmt mehrere Angebote des Vereins JUFA und führt diese an den jeweiligen Standorten in Basel weiter. Dazu gehören die Werkstätten an der Peter Merian-Strasse und die beiden Wohngruppen Im Hochland und im Helene Burckhardt Haus. Ebenfalls in den Sonnenhof integriert wird die Kita Rosenfeld an der Lindenhofstrasse, die Tagesbetreuung für Kinder mit und ohne Behinderung anbietet.

2017 – Aufnahme der Kita Zottelbär

Eine zweite Kindertagesstätte, die Kita Zottelbär in Basel, wird an den Sonnenhof herangetragen. Er übernimmt die Trägerschaft für die beiden Kindergruppen.

2022 – Vision: «Leben gestalten. Weil Mensch sein mehr ist»

Die Gesamtleitung und der Verwaltungsrat setzen eine umfassende Weiterentwicklung des Sonnenhofs in Gang. Dabei wird die Vision «Leben gestalten. Weil Mensch sein mehr ist» als Leitmotiv für die weitere Gestaltung etabliert. Im Zuge dieses Organisationsentwicklungsprozesses erhält der Sonnenhof u. a. transparente, übersichtliche und steuerbare Strukturen und Prozesse und gestaltet bewusst einen Identitätsentwicklungsprozess. Der Bereich Fachstellen entsteht und sorgt für Fachlichkeit und Wissenstransfers. Die Stellen, welche die Kernbereiche unterstützen, wie zum Beispiel HR, Rechnungswesen & Controlling, ICT oder Hotellerie & Unterhalt, werden im Bereich Dienste zusammengefasst. Das Startsignal für die Überprüfung aller Angebote in sämtlichen Leistungen wird gegeben.

2023 – Eröffnung der Schule in Basel

An der Peter Merian-Strasse in Basel eröffnet der Sonnenhof auf Anfrage des Erziehungsdepartements BS einen weiteren Schulstandort mit heilpädagogischer Ausrichtung. Mitte August beginnen fünf Buben ihre schulische Laufbahn in der ersten Primarklasse. Im Hintergrund planen die beteiligten Stellen den weiteren Aufbau der Schule.

2024 – Leben gestalten – auch in Zukunft!

Der Sonnenhof ist die älteste anthroposophische Einrichtung für Heilpädagogik und Sozialtherapie. Über 260 junge und erwachsene Menschen mit Unterstützungsbedarf finden im Sonnenhof eine tragende Gemeinschaft, in der sie sich entfalten können. Ob in der Schule, in einer Wohngruppe oder in einer der Tagesstätten: Alle Angebote basieren auf der zukunftsweisenden Vision, dass die begleiteten Menschen ihr Leben selbstbestimmt und sinnerfüllt gestalten können. Heute wie morgen. Weil Mensch sein mehr ist!

April 2024

Text: Rahel Hänggi – Text und Kommunikation

Quellen: Archiv Sonnenhof Arlesheim AG; Niklaus Hottinger: Sonnenhof Arlesheim und seine Geschichte 1924 bis heute

Sonnenhof Arlesheim AG

Obere Gasse 10

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